Schnelle vierzig, das NÖ Kulturforum

von Gotthard Fellerer

Die Zeit rast und rastet nicht. Je mehr man tut, umso rascher (faster) vergeht die Zeit. So feiert schon heuer das NÖ Kulturforum seinen vierzigsten Geburtstag. Nach langen vorbereitenden Gesprächen, an denen auch ich beteiligt war, wurde das NÖ Kulturforum 1975 unter Landeshauptmann Andreas Maurer mit Einverständnis, und unter der Patronanz des damaligen Landeshauptmann-Stv. Hans Czettel durch den damaligen Ressortchef für Kultur OSR Leopold Grünzweig offiziell gegründet. Anlass war der Umstand, dass das konventionelle Beamtentum zwar gut und seriös verwaltete, doch sich Kultur einfach rascher und ungleichmäßig in den einzelnen Landesteilen entwickelte und man unkonventionelle Fördermöglichkeiten andachte, da von dem Umstand ausgegangen wurde, dass der Schaffende vor Ort der beste Botschafter von Kunst und Kultur sei. Wir suchten Betriebe, Wirtshäuser, Schulen, Bahnhöfe, Galerien mit unseren Projekten heim, also überall dort, wo Menschen unterschiedlichster Auffassung einander begegnen, um diese mit dem Phänomen Kultur als Identität stiftenden Faktor zu konfrontieren.

Kunst- und Kulturevents waren für Leopold Grünzweig eine überaus wichtige Gegebenheit. Sie waren ihm ideale Treffpunkte, um auch politisch anstehende Probleme zu besprechen und unmittelbar Menschen anzuhören. Er meinte, dass bei Kulturereignissen die Menschen für mögliche Lösungen einfach offener seien. Er war es auch, der mittels Kultur das Landesselbstbewusstsein ankurbelte. Kultur war ihm ein wichtiger Indikator für das Heranwachsen eines Identitätsbewusstseins für das größte, wirtschaftlich, kulturell und landschaftlich vielfältige österreichische Bundesland. Ich hatte die Freude, mit Leopold Grünzweig zahlreiche vorbereitende Gespräche führen zu dürfen. Er hörte auf mich und nach dem Heranziehen des St. Pöltner Gelehrten und Kulturamtsleiters Dr. Karl Gutkas, des Kremser Altphilologen, Lehrers und Abgeordneten Dr. Kurt Preiß und des damals noch in Krems wirkenden Dr. Franz Slawik wurde ein Team gebildet, das gemeinsam mit Kurt Fuss eine zu beachtende Größe im Kulturbereich wurde – das NÖ Kulturforum.

Unsere Stärke war die vielfältige Basis- und Vermittlungsarbeit auf den Gebieten der Literatur, der Musik, der bildenden Kunst und der Philosophie. Seit damals unternahmen wir den Versuch, Menschen, die keinen Zugang zur Kultur haben, das Tor in das weite Feld der Kultur zu öffnen, und starteten eine weitreichende Vermittlungsarbeit, die schon in den untersten Schulstufen ansetzte. Dies Unterfangen war genährt durch die Überzeugung, dass Bildung den Menschen befreie, er dadurch mehr Zugänge und Lösungsmöglichkeiten finden und seine Vorstellungswelt erweitern könne.

Dr. Franz Slawik wurde zum Obmann ernannt, und der überall beliebte und gern gesehene Kurt Fuss war der betriebig Ausführende, der auf sich selbst nie Rücksicht nahm, während ich als Kurator, Planer, Koordinator, Realisator und Theoretiker die Chance hatte, meine Ideen zu verwirklichen.

Dr. Slawik verstarb 1993. Dr. Johannes Bauer war einer seiner Nachfolger und Angelika Bäumer, die ich als ehemalige Mitarbeiterin des damaligen Bundesministers Moritz in das Kulturforum reklamiert hatte, übernahm als rührige Fachfrau die Geschäftsgebarung. Kurt Fuß starb ebenfalls 1993, Brigitte Grünbeck folgte ihm als Sekretärin nach und verstarb ebenfalls frühzeitig. Angelika Bäumer trat, wie sie mitteilte, aus Arbeitsüberlastung zurück, legte die Obfrauschaft nieder und Bürgermeister und LAbg. Josef Jahrmann stand dann dem NÖ Kulturforum vor, während Eberhard Jordan das Ideelle und die Umsetzungen wahrnahm. Nach deren Ausscheiden übernahm 2003 der St. Pöltner Abg. z. NÖ Landtag Dr. Siegfried Nasko, engagierter Zeitgeschichtler und geschätzter Dr. Karl-Renner-Fachmann, mit dem ich schon seit 1973 zusammenarbeitete, den Verein und holte mich, nachdem unter Angelica Bäumer mein Engagement nur mehr bedingt gefragt war, ich damals zugleich zahlreiche große Projekte zu betreuen und als Akademielehrer wenig Zeit hatte, wieder in den Vorstand. Gemeinsam begannen wir in gewohnter Manier die Kleinklein- Basisarbeit aufzunehmen. Dr. Nasko verlieh durch seinen bedingungslosen Einsatz dem NÖ Kulturforum wieder ein Profil und stärkte sowohl die Vermittlungs- wie auch die Basisarbeit. Nach seinem krankheitsbedingten Rücktritt übernahm der damalige zweite Landtagspräsident Ewald Sacher 2006 den Verein und setzte kongenial den von Dr. Siegfried Nasko eingeschlagenen Gründerweg mit viel Elan fort. Unter seiner Obmannschaft konnten viele ungewöhnliche bewusstseinserweiternde Schul- und Vermittlungsprojekte realisiert werden und der Katalog „40 Jahre NÖ Kulturforum", der im Mai 2014 erscheint, wird Zeugnis legen von seiner Leidenschaft und seiner Umsicht. Dass ich wieder dabei sein kann und im Rahmen des Teams, das kostenfrei arbeitet, meine Ideen und Arbeit einbringen kann, freut und ehrt mich.

Nun bin ich der einzig Überlebende einer Gründergeneration, welcher Kunst und Kulturvermittlung ein wichtiges Anliegen war, und lebe unsere Prinzipien weiter, da Kultur als wichtiger Impulsgeber zur Seinsbewältigung angesehen werden kann und das Denken: Vor- und Nachdenken durch kulturelles Engagement animiert wird – dies alles zugunsten des gelebten Erkennens, das sich gegen die einseitige Ökonomisierung wendet, für Solidarität eintritt und damit wirksam wird für mehr Menschlichkeit und Zuversicht für eine prosperierende Gesellschaft.